Bis zum 19. Jahrhundert führte Cannabis Sativa L. seinen Siegeszug durch die Medizingeschichte der Menschheit: In China wurde Cannabisharz gemischt mit Wein als Narkotikum verabreicht, in der Antike sorgten Cannabisauflagen bei Wunden für Milderung der Schmerzen und auch Grabfunde in Wilmersdorf lassen vermuten, dass die Germanen Cannabis Sativa L. für rituelle Zwecke nutzten. Moment, in diesem Beitrag geht es doch um Cannabis zu Rauschzwecken, oder nicht? Das ist schon richtig, aber: Bis vor knapp 100 Jahren gab es das “Drogenproblem” wie wir es heute kennen noch nicht. Damals gab es kaum Dealer, die mit Plastiksäckchen voll Koks, Heroin oder eben auch Cannabis an den Ecken standen und durch illegale Indoor-Grows den Bedarf des Schwarzmarktes deckten. Damals ging man einfach zur Apotheke und kaufte sich ein Extrakt der Cannabispflanze, um dieses dann gegen die Leiden des Alltags einzusetzen (ähnlich wie Aspirin heute). Das Problem von “Cannabis als Rauschsubstanz” ist also relativ neu und wenn man es genauer betrachtet, sieht man, dass es ein menschengemachtes Problem ist.
Cannabis alleine verursachte keine Probleme wegen Missbrauchs, es war einfach als Medizin im weitesten Sinne akzeptiert und gesellschaftsfähig. Erst durch den Aufstieg der Opiate wanderte die Cannabispflanze an den Rand der Vergessenheit. Stattdessen begann der Siegeszug der Pharma-Branche mit synthetischen Arzneien und Wirkstoffen. Mit diesem Siegeszug begann auch das globale Drogenproblem und wenig später der Kampf gegen die illegalen Drogen (die fast alle vorher noch Medizin waren).
Der weitverbreitete Irrglaube: Cannabis dient als Einstiegsdroge zu härteren Substanzen
Heute sieht man Cannabis als Droge, weil die Prohibition der Pflanze Anfang des 20. Jahrhunderts den Anbau, Besitz und Umgang mit der Pflanze verboten hat. Was vorher noch als Entspannungshilfe und Inspiration bei mexikanischen Einwanderern und Jazz-Begeisterten galt, wurde schnell einer strengen Regulierung und bald einem gänzlichen Verbot unterworfen, wodurch jeglicher Konsum von Cannabis als illegaler Rausch galt und unter Strafe stand. Seit der Prohibition gibt es also das Problem von “Cannabis als Droge und Rauschsubstanz”. Cannabis wurde verteufelt und dadurch wurde auch der Konsum der Pflanze und der Umgang mit derselben in den Untergrund gedrängt. Besonders eine Lüge der Prohibition hält sich seitdem besonders hartnäckig: Dass Cannabis eine Einstiegsdroge sei, die Konsumenten letztlich in die Abhängigkeit (oft wird die Heroinsucht genannt) zieht.
Dieses Argument fällt auch heute noch immer wieder, wenn es um die Legalisierung und Regulierung von Cannabis geht, doch sie ist auch heute noch genauso falsch wie zu Zeiten ihrer Entstehung. Cannabis war nie eine Einstiegsdroge, das haben zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte mal um mal bestätigt. Im Gegenteil sind es die legal verfügbaren Substanzen Tabak und Alkohol, die in einer Gesellschaft den Wunsch nach “stärkeren” Substanzen wachsen lassen. Auch die WHO hat mittlerweile den Ansatz der Einstiegsdrogentheorie zurückgelassen und stattdessen den Fokus auf das “Problem der Verfügbarkeit” gelegt. Dabei geht es darum, dass durch den Bezug von Cannabis auf dem Schwarzmarkt Kontakte in einen unkontrollierten Markt entstehen, auf dem auch andere Sachen gehandelt werden, als “nur” Cannabiskraut. Durch die Verfügbarkeit neigen manche Konsumenten dazu, neben Cannabis auch andere Substanzen vom Schwarzmarkt auszuprobieren, was in schlimmsten Fällen zu schwerer Sucht und Abhängigkeit dieser Substanzen führen kann. Es ist anzumerken, dass dieses Problem in einem legalen und regulierten Markt NICHT vorkommt! In Cannabisabgabegeschäften bekommt man Cannabis, sonst nichts. Die Verfügbarkeit anderer Substanzen ist hier nicht gegeben. Cannabis ist also keine Einstiegsdroge, aber das Verbot von Cannabis führt die Menschen auf den Schwarzmarkt, auf dem auch andere, härtere Substanzen gehandelt werden.
Aktion: Prohibition – Reaktion: Schwarzmarkt
Die Probleme “Cannabis als Droge” und “Missbrauch zu Rauschzwecken” sind also historisch gesehen relativ neu und haben erst in den letzten 50 Jahren rasant an Fahrt aufgenommen. Durch die Globalisierung ist ein Handel von Cannabisprodukten entstanden, der fast immer hochgradig illegal war und vehement verfolgt wurde. Sei es Haschisch aus Marokko oder Afghanistan, das in den Coffeeshops in den Niederlanden angeboten und geraucht wurde oder aber Blüten aus dem Ausland wie die “Thai-Sticks” (Cannabisblüten aus Thailand, die wie eine Zigarre mit Hanfblättern umwickelt waren), die in Europa und den USA besonders bei den Hippies beliebt waren, Cannabis wurde immer mehr konsumiert. Mit dem Aufkommen des “Indoor grows” kam es in Europa über die Jahre zu einem Wechsel von einem Import des Cannabis aus anderen Ländern hin zu einem Anbau desselben innerhalb der eigenen 4 Wände. Dadurch begann die Selektion von Cannabis erst richtig, denn was in der Natur teils Jahre dauerte, konnte mit Kunstlicht in wenigen Monaten vollbracht werden. So entstanden Cannabispflanzen mit immer höherem Cannabinoidgehalt; besonders der THC-Wert ist in dieser Zeit rasant in die Höhe geschnellt. Das führte natürlich auch zu einem Anstieg der Probleme, die mit Cannabis assoziiert werden. Wegen der Prohibition gibt es keinerlei Regulierung … So wurden die THC-Werte in den Blüten über die Jahre höher und die Konsumenten jünger – ein oft fataler Mix. Denn: Gerade in jungen Jahren kann der Konsum von Cannabis mit viel THC zu mentalen Problemen führen. Die gesamte Problematik ist also eine Folge von Aktion und Reaktion. Die Probleme entstehen als Reaktionen von Menschen auf eine gewisse Aktion, in diesem Fall: die Prohibition. Menschengemacht eben.
Cannabis zu Genuss- bzw. Freizeitzwecken
Seit einigen Jahren gibt es wieder Hoffnung auf einen vernünftigen Umgang mit dem “Drogenproblem”: Eine regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene. In US-Staaten wie Colorado, Washington und Oregon, Kalifornien, Nevada und einigen Weiteren, sowie in Kanada, ist Cannabis mittlerweile legal erhältlich. Es wurde per Gesetz legalisiert und zählt daher nicht mehr zu den illegalen Substanzen. Ähnlich wie Tabak und Alkohol gibt es Steuern, die man auf Cannabisprodukte zahlen muss, und es gibt Fachgeschäfte, in denen man diese Produkte erwerben kann. Unter strengen Regeln und mit Maß und Ziel: Es gibt eine bestimmte Mengenbeschränkung pro Person/Tag und ein Alterslimit von 21 Jahren. Personen unter 21 Jahren dürfen die Fachgeschäfte nicht betreten, um einen Missbrauch des legalen Cannabis von vornherein auszuschließen. Es gibt Labels mit den Cannabinoidwerten und verschiedene Produkte für alle Geschmacksrichtungen. Die Shops bieten starke und schwächere Sorten an, je nach individuellem Belieben. Kurz: Es ist einfach ein sicherer Umgang mit Cannabis, der einen Missbrauch bis zum Konsumenten ausschließt. Was die Käufer des legalen Cannabis damit machen, KANN nicht kontrolliert werden, da es hinter verschlossenen Türen stattfindet, doch bis zu diesen Personen ist das Cannabis kontrolliert und reguliert worden.
In diesen Staaten zählt Cannabis zu den Genussmitteln und wird zum Gebrauch für Freizeitzwecke verkauft (auf englisch: recreational Cannabis use). Wie Wein und edle Schnäpse zählt es zu den Produkten, die Mann/Frau konsumiert, um sich zu amüsieren und um die Zeit zu genießen. Ein Missbrauch ist durch diese Definition zwar nicht ausgeschlossen (auch Alkohol kann missbraucht werden), doch es wird nicht mehr so direkt ein Missbrauch impliziert wie mit dem illegalen Status, den die Pflanze leider immer noch in vielen Teilen der Welt innehat.
Eine Legalisierung und Regulierung von Cannabis kann dem Problem von “Cannabis als Rauschsubstanz” und dessen “Missbrauch” entgegenwirken, indem es das Stigma von der Pflanze löst. Helfen wir dabei mit!
Quellen:
https://www.maximumyield.com/definition/4832/thai-stick
https://www.medicaljane.com/question/how-many-terpenes-are-in-weed/
https://www.ages.at/service/sie-fragen-wir-antworten/hanf/