Cannabis Sativa L. ist keine neue Pflanze. Die „Prohibition“ von Cannabis ist als Idee neu, verglichen zu der Zeitspanne in der wir Menschen schon auf der Erde wandeln. Auch wenn Prohibitionisten gerne von den Gefahren dieser Droge sprechen, wussten wir Menschen trotzdem bereits lange vor dem Verbot, wie wir mit dieser Pflanze sicher umgehen. Man muss wissen, dass Cannabis bereits vor Tausenden Jahren von Zivilisationen genutzt wurde. Es war einerseits als Heil- und andererseits als Nutzpflanze sehr beliebt. Tinkturen aus Cannabis waren bis ins 20. Jahrhundert in den westlichen Apotheken sehr beliebt. In Asien begründete sich die Ayurveda-Medizin unter anderem auf Charas – einer Haschart aus Indien. Cannabis Sativa und Cannabis Indica wurden weltweit angebaut, geerntet und verarbeitet. Sowohl Cannabinoide als auch Fasern, Samen und Wurzeln der Pflanzen dienten den Menschen über Jahrhunderte im Alltag, ermöglichten die Segelschifffahrt über das Meer und bot Millionen von Menschen Kleidung, Nahrung und Linderung von Leid und Stress. Bauern rauchten oft Knaster in ihren Pfeifen – getrocknete Hanfblüten oder Blätter – und sogar „Promis“ wie Shakespeare waren dem Kraut sehr zugetan. Man sieht also: Cannabis ist Teil der Menschheitsgeschichte – und das schon seit Jahrtausenden. Wir haben uns mit der Pflanze entwickelt – und die Pflanze sich mit uns.
In diesem Beitrag geht es um die Geschichte von Cannabis in Europa, denn die Verwendung dieser Pflanze ist auch in Europa alles andere als neu. Im Gegenteil: Ohne Cannabis wäre die Geschichte wohl ganz anders verlaufen.
Aus Asien nach Europa
Wie in unserem letzten Blogbeitrag berichtet, stammt Cannabis ursprünglich aus Asien und wurde zuerst dort genutzt, bevor es seinen Weg nach Europa fand. Sobald die Samen der Pflanze jedoch erst in Europa angekommen waren, begann sich auch dort eine blühende Hanfkultur zu entwickeln. Auch wenn nicht genau überliefert ist, wann Cannabis in Europa eingeführt wurde, gibt es doch viele Aufzeichnungen ab dem Zeitpunkt, an dem die Europäer die Pflanze für sich entdeckt hatten. Wichtig zu wissen: In Europa wurde Cannabis Sativa L. vor allem zur Fasergewinnung angebaut. Die berauschende Wirkung der Pflanze war, zumindest ist das der Konsens der Wissenschaft, nicht ausschlaggebend für den Anbau der Pflanze. Die Fasern waren und zählen immer noch zu den stärksten Naturfasern der Welt. Da die Pflanze innerhalb weniger Monate bis zu 6 Meter hoch wird und wächst wie ein Unkraut, eignete sich Cannabis damals wie heute zur Verwendung als Faserpflanze. Aus den fertigen Fasern wurden wiederum Stoffe und Seile gesponnen, die für Bekleidung und vor allem die Schifffahrt unerlässlich waren.
Nomadenvölker in Ost-Europa
Eine Theorie besagt, dass einer der frühesten europäischen Stämme, das Volk der Yamnaya, für die Verbreitung von Cannabis in ganz Westeuropa verantwortlich war. Sie lebten in einer Region nördlich des Schwarzen Meeres, der heutigen Ukraine. Man glaubt, dass sich ihre Gesellschaft bis zum Kaspischen Meer erstreckte, bis zu einem Land, das wir heute als Kasachstan kennen. Wissenschaftler wussten, dass die Yamnaya für einen Großteil des europäischen Erbguts verantwortlich waren. Jüngste archäologische Entdeckungen zeigen jedoch, dass die Yamnaya vor etwa 5.000 Jahren ihren Weg nach Sibirien und in die Mongolei fanden. Das würde passen, da man vermutet, dass die Mongolei der Geburtsort des Cannabis ist.
Beweise wurden in Form von Werkzeugen und anderen Gegenständen von kultureller Bedeutung der Yamnaya entdeckt, die den Weg vom Fernen Osten zu ihrer kulturellen Heimat in Eurasien säumten. Die Verbindung zwischen dem Cannabiskonsum in Europa und jener Zeitperiode, die die Migration der Yamnaya-Bevölkerung umgibt, ist zu eng, als dass sie ein Zufall sein könnte. Doch es gibt leider zu wenig dokumentierte Funde, um zweifelsfrei festzustellen, wie Cannabis genau seinen Weg nach Europa fand.
Hanfstoffe als Möglichmacher
Cannabis in Europa wurde also vor jahrtausenden nach Europa gebracht und dort dann kultiviert. Die berauschende Wirkung der Pflanze scheint damals allerdings vernachlässigbar gewesen zu sein, da die Pflanze vor allem zur Gewinnung von Fasern angebaut wurde. Dank Cannabis konnten die Menschen im historischen Europa also Stoffe weben. Das war für die Menschen von damals eine wirkliche Verbesserung zu der Verwendung von Fellen und Leder als Kleidung, da für diese ja gejagt werden musste. Hanf hingegen wuchs einfach auf den Feldern, man musste es nur ab und an gießen, schon konnte man im Herbst die Pflanzen ernten und daraus Fasern gewinnen. Wichtig zu wissen ist, dass damals auch eine „Hanfröste“ stattfand. Darunter versteht man einen chemischen Prozess, bei dem die Fasern der Hanfpflanze von kleinsten Bakterien bearbeitet werden, um so die Fasern von dem Stamm zu trennen und die Fasern biegsamer und geschmeidiger zu machen. Dazu wurden die Hanfpflanzen nach dem Ernten in Wasser getunkt (oft an Flüssen wie der Donau oder an kleinen Gewässern wie Seen und Teichen) und dann auf dem Feld in der Sonne getrocknet. Der Begriff „Hanfröste“ kommt vom altdeutschen „Ver-röthen“, was so viel wie verrotten bedeutete. Durch diesen Prozess waren die Hanftextilien von damals anders als alle heutigen Hanftextilien: Sie waren weicher und strapazierfähiger und ließen sich besser verweben, um daraus Hanfstoffe für Segel etc. herzustellen. Besonders in der Schifffahrt schätzte man diesen Stoff sehr, da er reißfest war. Anders als beispielsweise Leinenstoffe, die bei Feuchtigkeit und peitschendem Wind einfach rissen, konnten Segel aus Hanfstoff auch schwersten Gewittern trotzen. Die Segel und Taue der 3 Schiffe, mit denen Christopher Kolumbus die neue Welt entdeckte, waren allesamt aus Hanf. Auch die Segel der „Mayflower“, jenem Schiff, das die ersten Pilger nach Amerika brachte, waren aus Hanf gefertigt. Generell wird vermutet, dass ohne Cannabis und seine Fasern die Segelschifffahrt der Geschichte so nie stattgefunden hätte.
Großbritannien als Europas Weltmacht
Nach 1600 ist der Anbau von Cannabis in ganz Europa, Asien, Afrika und Nordamerika weit verbreitet. Während alle Großmächte begannen, Kolonien zu besetzen, gab es doch ein Reich, das speziell für die weitere Verbreitung von Cannabis verantwortlich ist: die Briten. Ihnen und ihrem Weltreich ist es zu verdanken, dass Cannabis sich über ihre Kolonien in die ganze Welt verbreitet hat. Die Briten sind allein verantwortlich für die Integration von Cannabis in die australische Wirtschaft, nachdem die Samen von Britischen Händlern auf den Kontinent gebracht wurden. Sie blieb über 150 Jahre lang eine der wichtigsten australischen Nutzpflanzen. Als Grossbritannien sein Imperium nach Nordamerika ausweitete, war Cannabis für die Bauern eine Pflichtpflanze. Das Saatgut wurde aus Europa mitgebracht, im neuen Land verteilt und so zum fixen Teil der neuen Kolonien. Die geernteten Pflanzen wurden zurück nach Großbritannien verschifft, wo sie zu Textilien verarbeitet – und dann wieder als Fertigprodukte in die Kolonien verschifft wurden. Hanf war währenddessen so wertvoll, dass er zeitweise als eigene Währung diente. Sogar Steuern konnten mit Hanf bezahlt werden. Cannabis blieb in Nordamerika während der gesamten Revolution und darüber hinaus legal. Gekommen ist es einst aus Europa – als Handvoll Samen.
Quellen:
https://www.ancient-origins.net/news-history-archaeology/surprising-5000-year-old-cannabis-trade-eurasian-steppe-nomads-were-020909
https://straininsider.com/history-cannabis-europe/
https://www.zamnesia.com/blog-the-origins-of-cannabis-in-europe-and-throughout-the-world-n1075